Das Publikum löcherte das Kabinettsmitglied 90 Minuten lang mit zum Teil sehr kritischen Fragen, die den Betroffenen ganz offensichtlich regelrecht „auf den Nägeln brannten“.
„Es geht um ein wichtiges Thema, nämlich die Zukunft unserer Kinder in den Schulen und Kitas“, stellte Giorgio Tzimurtas die Bedeutung des Themas einleitend heraus. Der Journalist moderierte die Veranstaltung. Zuvor hatte SPD-Ortsvorsitzender Andreas Frankenberg die etwa 100 Zuhörer begrüßt und seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, dass es seinem Parteifreund Hermann Schütte wieder einmal gelungen war, einen hochrangigen Politiker in die südoldenburgische Gemeinde zu holen.
Einleitend stellte Kultusminister Tonne klar, dass die Chancengleichheit aller Kinder für ihn oberste Priorität habe. Voraussetzung dafür sei die Gebührenfreiheit der Kindertagesstätten (Kitas). Diese hätten einen wichtigen Bildungsauftrag und seien Teil des Bildungsplans. Bildung stehe jedem zu und dürfe kein Luxus sein.
Das fachkundige, zum großen Teil persönlich betroffene Publikum bestand überwiegend aus Lehrern, Erziehern, Elternvertretern und Kommunalpolitikern. Die zahlreichen Fragen wurden schriftlich formuliert, um sie thematisch zusammenfassen zu können. Schwerpunkte der Diskussion waren die Ausbildung, Besoldung und Belastung von Lehrern und Erziehern, Neue Medien, Inklusion und die Unterrichtsqualität.
Die Forderung, Grundschullehrer generell nach A13 zu besolden, unterstützte der SPD-Minister, wies allerdings darauf hin, dass aufgrund der damit verbundenen Kosten in Höhe von jährlich 320 Mio. Euro eine Umsetzung wohl nur schrittweise möglich sei.
Ob Tonne die von anwesenden Mitgliedern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eingeforderte Ermäßigung der Arbeitszeit für ältere Lehrkräfte grundsätzlich unterstützt, war seiner Antwort nicht eindeutig zu entnehmen. Allerdings wies er darauf hin, dass für ihn die sichere Unterrichtsversorgung zunächst eindeutig Vorrang habe. Diesen Vorrang stellte er auch bei der Forderung nach mehr Entlastungsstunden für sonstige Tätigkeiten in den Vordergrund, obwohl er sie grundsätzlich befürwortet.
Den mehrfach angesprochen Personalmangel im schulischen und vorschulischen Bereich sowie beim Förderunterricht für Migranten, der von Bürgermeister Ansgar Brockmann thematisiert wurde, begründete der Minister mit den hohen Qualitätsanforderungen des Landes. Personal, das diesen Anforderungen entspreche, stehe auf dem Arbeitsmarkt nicht ausreichend zur Verfügung, so Tonne. Der Bürgermeister äußerte die Vermutung, die Landesregierung ruhe sich in der Gewissheit aus, dass durch die Kommunen vor Ort schon alles geregelt werde. Brockmanns Schlussfolgerung wies der Gast aus Hannover wortreich zurück.
Abschließend sicherte der Minister zu, eine Menge Anregungen und Wünsche mit nach Hannover zu nehmen, um sie in die politische Arbeit einfließen zu lassen.
Am Morgen nach der Debatte mit Eltern, Lehrern und Erziehern im Kulturbahnhof stand für Kultusminister Tonne dann ein Informationsaustausch in der Grundschule in Vörden auf dem Programm.
Schulleiter Karsten Mühlmeier stellte dem sozialdemokratischen Kabinettsmitglied – u.a. in Gegenwart von Bürgermeister Ansgar Brockmann, der Gemeinderatsmitglieder Helga Globisch und Hermann Schütte, der Landtagsabgeordneten Christian Calderone (CDU) und Guido Pott (SPD) sowie des Vertreters der Landesschulbehörde, Dezernent Stephan Hagemann – die Eckdaten „seiner“ Bildungseinrichtung vor. Während des rund 90-minütigen Gespräches mit Minister Tonne seien aber hinter verschlossenen Türen auch bestehende Probleme bzw. Herausforderungen im Grundschulalltag (u.a. die Digitalisierung, das Medienkonzept sowie Mehrarbeit und Förderunterricht bei der Integration von Zuwandererkindern) offen angesprochen worden, berichteten mehrere der Gesprächsteilnehmer anschließend.