Quakenbrück I Bersenbrücker Kreisblatt vom 06. September 2019
Das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) hat einen neuen Coup gelandet: Der Essener Stahl- und Technologiekonzern Thyssenkrupp baut an der Niedersachsenstraße und dam in unmittelbarer Nähe zum DIL und zum Business- und Innovationspark Quakenbrück auf einer Fläche von 630 Quadratmetern das deutschlandweit größte Kompetenz- und Servicezentrum für Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln. Investitionsvolumen: rund drei Millionen Euro.
Womit sich der neue Nachbar des DIL beschäftigt, erläutert Christian Myland, Geschäftsführer des Thyssenkrupp Tochterunternehmens Uhde High Pressure Technologies, bei der Vorstellung des Projekts im DIL. Kurz gesagt, können – voraussichtlich ab Anfang 2021 – kleinere Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft oder Start-ups, die sich im norddeutschen Raum mit der Produktion von Lebensmitteln beschäftigen, auch kleinere Mengen ihrer Erzeugnisse im Quakenbrücker Servicezentrum schonend, gesund und schmackhaft haltbar machen lassen. Das Zauberwort für diese Art der Konservierung lautet: High Pressure Processing (HPP), oder etwas weniger futuristisch ausgedrückt: Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln mit bis zu 6000 bar.
„Wir arbeiten hier nicht mit einer Versuchs-, sondern mit einer Echtanlage“, beschreibt Myland die Besonderheit des geplanten Lohnbehandlungszentrums, „und das ist in Deutschland das erste Angebot dieser Art.“ Pro Tag können in der Quakenbrücker Anlage bis zu 26 Tonnen Lebensmittel verarbeitet werden. In Holland, England oder Frankreich sei man im Bereich der Hochdruck-Pasteurisierung schon deutlich weiter, berichtete Myland.
Und wie läuft ein solcher HPP-Prozess ab? Frisch in ihrer Endverpackung angelieferte Obstsäfte, Streichwurst, Gemüsepüree oder bis dato noch unbekannte, innovative Lebensmittelkreationen werden im neuen Kompetenz- und Servicezentrum für etwa sieben Minuten einem physikalischen Druck von bis zu 6000 bar ausgesetzt. Dabei werden sämtliche Keime abgetötet, erläutert DIL-Institutsleiter Dr. Volker Heinz. Und anders als bei der herkömmlichen Pasteurisierung durch Erhitzen oder bei der Verwendung von Konservierungsstoffen, blieben dank HPP der ursprüngliche Geschmack, die Vitamine und die Textur des Lebensmittels erhalten. Sein Credo für die gesunde Ernährung der Zukunft: „Weniger Chemie, mehr Physik in die Lebensmittel.“
Die Beziehungen zwischen Heinz und dem Technologie-Unternehmn Uhde reichen weit zurück: Bereits Anfang der 1990er-Jahre habe er im Rahmen seiner Doktorarbeit mit dem Spezialisten für Hochdruckanlagen kooperiert. Das Thema seiner Arbeit? Heinz kann ein Schmunzeln nicht unterdrücken: „Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln“.
Gemeinsam präsentieren Heinz und Myland, die künftig auch im Bereich Forschung und Entwicklung ihre Zusammenarbeit weiter ausbauen wollen, das neue Logo für die schonend haltbar gemachten Produkte: ein blau abgesetzter Diamant, der die Botschaft „HPP treated“ (HPP behandelt) umschließt. „Das Verfahren ist zwar nicht deklarationspflichtig“, sagt der Institutsleiter, „aber wir hoffen, dass die Kunden diese Art der schonenden und gesunden Haltbarmachung künftig als Gütesiegel anerkennen.“
Bei der Projektvorstellung war auch Wirtschaftsminister Bernd Althusmann mit dabei. Er lobte die Kooperation zwischen DIL und Thyssenkrupp. Sie schaffe die Voraussetzungen „die zukunftsweisende HPP-Technologie in Niedersachsen schnell in die industrielle Anwendung zu bringen.“