Hintergrund ist, dass der Anteil von Sozialwohnungen am gesamten Wohnungsbestand im kreisweiten Schnitt bei nur 2,5 Prozent liegt. Ohne den Neubau neuer Sozialwohnungen werden bis zum Jahr 2023 laut Landkreis sogar alle Mietpreisbindungen vollständig ausgelaufen sein. Im Wohnraumversorgungskonzept des Landkreises heißt es, dass sich der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen im Landkreis Osnabrück im Jahr 2011 hingegen noch auf 4631 Wohnungen belief. Deshalb muss auch aus Sicht der Kreisverwaltung durch Neubau von mietpreisgebundenen Wohnungen gegengesteuert werden. Der Fachdienstleiter Planen und Bauen beim Landkreis, Arndt Hauschild, sagt, dass trotz des großen kreisweiten Bedarfs an mietpreisgebundenen Wohnungen eine Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises noch nicht geplant sei, weil jede der 21 Städte, Gemeinden und Samtgemeinden im Kreis für sich entscheiden müsse, ob eine eigene Wohnungsbaugesellschaft nötig ist.
Ein weiteres Problem der Wohnungsnot ist, dass nach Angaben der Frauenberatungsstelle Frauen für Frauen in Osnabrück viele Opfer häuslicher Gewalt noch länger in den Wohnungen bleiben, weil es aktuell so schwierig ist, eine bezahlbare eigene Wohnung zu finden. Die beiden Frauenhäuser in Stadt und Landkreis Osnabrück berichten zudem, dass die Frauen länger in den Frauenhäusern bleiben, weil sie auf dem enger werdenden Wohnungsmarkt in der Region nur noch sehr schwer bezahlbare Wohnungen bekommen. Das Frauenhaus Bersenbrück denkt deshalb etwa über die Einrichtung einer Übergangs-Schutzwohnung nach.
„Selbst in den Flächengemeinden ist bezahlbarer Wohnraum seit Jahren Mangelware mit stetiger Zuspitzung der Situation. Wir fordern daher den Wiedereinstieg in den sozialen Wohnungsbau“, betont Kavermann. Private Investoren seien auf schnelle Gewinne aus. Daher müsse der Landkreis gegensteuern: „Es reicht nicht, auf die Kommunen zu verweisen. Die meisten sind damit überfordert.“ Der Landkreis habe mit dem Wohnraumversorgungskonzept eine Übersicht geschaffen. „Das sind die idealen Voraussetzungen, mit der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft daran anzusetzen und dort bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wo es nötig ist“, so Kavermann.
Maurer verweist darauf, dass pro Jahr 1274 neue Wohnungen im Landkreis gebaut werden müssen: „Der Landkreis könnte mit dem Bau von Wohnungen durch seine Wohnungsbaugesellschaft helfen, die Situation zu entspannen.“
Auch der Vorsitzende der SPD/UWG-Gruppe, Thomas Rehme, sieht dringenden Bedarf für bezahlbaren Wohnraum. Er sieht diese Aufgabe aber in den Händen kommunaler Wohnungsbaugesellschaften: „Der Landkreis Osnabrück nimmt in diesem Zusammenhang eine Koordinierungs- und Unterstützungsfunktion wahr.“ Die gezielte Wohnraumschaffung zu bezahlbarem Preis müsse vor Ort in den Städten und Gemeinde umgesetzt werden. Einfach neue Wohnungsbaugesellschaften zu fordern, sei der falsche Weg: „Es gibt vorhandene Gesellschaften und private Unternehmer, die man unterstützen kann“, sagt Rehme.
CDU-Kreisparteichef Christian Calderone sieht aber etwa in Quakenbrück, der Stadt mit der kreisweit geringsten Kaufkraft je Haushalt, keinen Bedarf an einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Calderone verweist darauf, dass über Stadtsanierungsprogramme schwierige Wohnumfelder gestärkt und bezahlbarer sowie gleichzeitig qualitativ guter Wohnraum geschaffen werde.
Ähnlich sieht es der Osnabrücker CDU-Stadtratsfraktionschef Fritz Brickwedde, der auf Tausende Wohnungen im niedrigen Mietbereich durch die Wohnungsbaugesellschaften WGO, Stephanswerk und den Heimstättenverein verweist.
SPD, Linke und Grüne in Osnabrück sind hingegen der Ansicht, dass der Stadt wegen des Verkaufs der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ein Steuerungsinstrument fehlt, um preismindernd auf den Wohnungsmarkt einzuwirken.
Die FDP in Stadt und Landkreis fordert, dass genügend Kapazitäten zum Schutz der Frauen geschaffen werden. Auch die Einrichtung von Schutzwohnungen müsse dabei in Betracht gezogen werden. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften seien nicht nötig. Stattdessen müsse mehr, günstiger und schneller gebaut werden, um die Angebotslücke auf dem Wohnungsmarkt zu schließen. Das Wohngeld als Mietzuschuss für Geringverdiener müsse erhöht werden.
Die SPD-Jugendorganisation Jusos in Stadt und Landkreis fordert eine stärkere finanzielle Unterstützung der Frauenhäuser, die laut Jusos stark auf Spenden angewiesen sind. „Hier sind Kreistag und Stadtrat in die Pflicht zu nehmen, um die Frauenhäuser finanziell zu entlasten“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Jusos in Stadt und Landkreis Osnabrück. Auch mehr bezahlbarer Wohnraum könne die Situation für schutzsuchende Menschen entlasten.